Flüchtlinge in unseren Stadtteilen

Eine große Herausforderung

Noch nie haben so viele Asylsuchende Zuflucht in der EU, in Deutschland, in Hamburg und damit auch in unseren Stadtteilen gesucht. Ein großer Teil der Menschen flieht vor Gewalt und Vertreibung in den Herkunftsländern. Ganz vorn in der Liste stehen Staaten oder Gebiete wie Tschetschenien, Syrien, Afghanistan aber auch Serbien oder Mazedonien.

Verzweifelt werden Quartiere in Eimsbüttel gesucht und kaum hat man sie gefunden oder geschaffen, ist die Anzahl der Suchenden so groß, dass die Suche weiter geht. Nachdem auf dem ehemaligen P&R–Gelände am Hagenbecks Tierpark in einer Nacht- und Nebelaktion Container aufgestellt wurden, um 200 Flüchtlinge zu beherbergen, herrschte noch die später viel zitierte Lokstedter Willkommenskultur. Und in der Tat hat sich die Unterkunft recht lautlos in den Stadtteil eingefügt. Dass dies jedoch nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein war, zeigte sich einige Wochen später. Trotz intensiver Diskussionen in Verwaltung und Politik kommt es recht phantasielos daher, dass nun plötzlich weitere 150 Plätze in leer stehenden Wohnungen am Grandweg / An der Lohbek geschaffen werden. Und das an Standorten, die bislang überhaupt nicht diskutiert wurden. „Man muss nehmen, was man kriegen kann…“ so der zuständige Sozial–Staatsrat Pörksen.

Hier war dann der Ton der anliegenden Bevölkerung schon rauer. Trotz gegenteiliger Beteuerung entsteht nun zusätzlich eine zentrale Erstaufnahme mit über 300 Plätzen an der Niendorfer Straße 99, was formal zu Niendorf gehört aber de facto nur einige hundert Meter Luftlinie von den anderen Lokstedter Einrichtungen entfernt ist. Hier geht es nicht einmal mehr um Integration, sondern um Antragsprüfung im Sicherheitskorridor. Und im Spätsommer dann weitere 288 Plätze auf einer von Überschwemmung immer stark heimgesuchten Wiese am Lokstedter Hagendeel. Es wurde schon jetzt deutlich, dass händeringend Ehrenamtliche zur Unterstützung gesucht werden und der Masterplan des Bezirkes wie ein kläglicher Versuch daher kommt, das Thema Unterkünfte einigermaßen in den Griff zu bekommen. Vermutlich werden die Zahlen der Asylsuchenden noch stärker steigen und die Raumnot immer größer.

Planungen für Wohnungen, Gewerbegebiete oder Grünflächen, die seit Jahren in Eimsbüttelbestehen, müssen auf den Prüfstand gestellt werden.

Informationsveranstaltungen für die Bürger vor Ort suggerieren den Bürgern immer wieder, dass ihre Meinung und ihre Sorgen ernst genommen werden — dabei sind die Fakten längst geschaffen worden. Leider fehlt es an einem tragfähigen Gesamtkonzept.

Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als klar und deutlich dauerhafte Unterkünfte zu planen, diese gerecht auf die Stadtteile zu verteilen ohne Unwuchten wie in Lokstedt zu produzieren und zu versuchen, die Bevölkerung mitzunehmen. Menschen in kleineren Unterkunftseinheiten lassen sich deutlich besser in bestehende Strukturen integrieren. Geschehen kann das nur in Transparenz und Offenheit. Kriterien müssen nachvollziehbar sein und die Unterkünfte müssen Mindeststandards besitzen.

Das ist die Herausforderung — dann klappt’s auch mit den neuen Nachbarn.

Rüdiger Kuhn