Bezirkswahl im Schatten Europas

Wer hat noch nicht, wen wähl ich mal?

Wenn sich die Experten aus der Zunft der Politikwissenschaft einig sind, dann darüber, dass die Europawahl traditionsgemäß beim Wähler als eher nebensächlich angesehen wird, anders als die Bundestags- oder Bürgerschaftswahlen. Eine niedrige Wahlbeteiligung war daher erwartet worden, aber in Hamburg entschieden die Wählerinnen und Wähler am 25. Mai nicht nur, wer sie künftig in Straßburg und Brüssel vertreten wird, sondern auch über die Sitzverteilung in den Bezirksversammlungen.

Ein Blick in die Zahlen zeigt, dass die Hamburgerinnen und Hamburger im Vergleich zur Europawahl 2009 ihr Wahlrecht stärker nutzten — die Wahlbeteiligung stieg von 34,7% auf 43,4%. Ein Zuwachs von fast 10%! Bei der Bezirkswahl sank die hamburgweite Wahlbeteiligung dagegen von 54% auf nur noch 41%. Heißt diese Entwicklung also, dass Politik vor Ort in den Bezirken als nicht mehr wichtig empfunden wird? Die gesunkene Wahlbeteiligung bei der Bezirkswahl offenbart vor allem ein Kommunikationsdefizit der Bezirksversammlungen, vom Bürger richtig wahrgenommen zu werden. Der Verein „Mehr Demokratie“ fordert deshalb gar, die Hansestadt auf kommunaler Ebene in Einzelgemeinden aufzuspalten, mit dem Recht, Steuern zu erheben und sich selbst zu verwalten. „Aus den Bezirksversammlungen, die heute kaum Entscheidungsbefugnisse haben, würden dann echte Parlamente“, so der Verein.

Dabei befassen sich die Bezirksversammlungen vor allem mit Themen, die die Menschen vor Ort direkt betreffen. In Eimsbüttel beispielsweise die Infrastruktur (Busbeschleunigung), bezahlbarer Wohnraum oder die Herausforderungen um eine älter werdende Gesellschaft. Der Bürgerverein lud rechtzeitig vor den Bezirkswahlen zu einem Kandidatenhearing in die Kursana Residenz in Niendorf, das vom Ersten Vorsitzenden des Bürgervereins, Dr. Roland Heintze, moderiert wurde. Rüdiger Kuhn, Rüdiger Rust, Lutz Schmidt, Anna Gallina und Hartmut Obens hatten die Möglichkeit, ihre Ideen für die Zukunft Eimsbüttels kurz vorzustellen. Anschließend war das Podium offen für alle Fragen aus dem Publikum. Mit viel Wissen um die Zustände in den Stadtteilen äußerten sich die Anwesenden konstruktiv und kritisch zu den aktuellen Entwicklungen. Das Busbeschleunigungsprogramm wurde hinterfragt. Wie geht der Bezirk weiter mit Flüchtlingen um? Welche neuen Angebote braucht es für ältere Menschen? Mit 47% Wahlbeteiligung wählten die Einwohner Eimsbüttels am 25. Mai ihre neuen Vertreter. Spitzenwert in Hamburg!

Die Zusammensetzung der neuen Bezirksversammlung hat sich ein Stück weit verschoben. Die Sozialdemokraten verloren fast 10% zur letzten Bezirkswahl und stellen nun nur noch 18 (-5) Abgeordnete. Die CDU hielt sich stabil und schickt weiterhin 12 Abgeordnete. Die Grünen konnten im Bezirk von der Schwäche der SPD profitieren und stellen jetzt ebenfalls 12 (+2) Abgeordnete. Auch für die Linke (5), FDP (2), Piraten (2) und die AfD (2) reichte es. Die kommende Bezirksversammlung in Eimsbüttel muss zeigen, dass sie es schafft zu gestalten, anstatt den Bezirk lediglich zu verwalten. Es braucht neue Ideen und Konzepte, damit es in Eimsbüttel zukünftig weiter voran gehen kann.