Was derzeit gerade in Niendorf ansteht

Wenn der Bezirk einen B-Plan macht

Ab und an findet sich irgendwo in der Nachbarschaft ein Plakat über einen neuen Bebauungsplan. Wohnen Sie in oder unmittelbar an solch einem Gebiet, dann dürfte es Sie interessieren. Was denkt sich bloß die Verwaltung da wieder gerade aus? Muss das sein? Das sind häufig die ersten Fragen, die sich Anwohner dann stellen. Dabei ist Hamburg mitunter sogar vorbildlich in Sachen Bürgerbeteiligung.

Die Planungshoheit für gewöhnliche Bebauungspläne liegt in Hamburg, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bei den Bezirksämtern. Für unsere Stadtteile Niendorf, Lokstedt, Schnelsen und Hoheluft-West ist entsprechend die Eimsbütteler Verwaltung am Grindelberg zuständig. Im Zusammenspiel mit der gewählten Kommunalpolitik diskutiert sie, mit welchem Ansatz an welche Gebiete herangegangen werden sollte. Die Schaffung eines Bebauungsplans selbst ist vielerlei Regelungen unterworfen. Die Verwaltung muss sich an die entsprechende Gesetzgebung zum B-Plan-Verfahren halten. Und das geschieht in Hamburg über das festgelegte Maß hinaus.

Das zeigt sich momentan besonders beim viel diskutierten Bebauungsplan-Verfahren Niendorf-93, das nach der Zielsetzung „maßvolle Nachverdichtung“ bei „gleichzeitiger Stärkung des grünen Wegenetzes“ ersonnen wird. Für dieses 8,8 Hektar große Gebiet südlich der Joachim-Mähl-Straße zwischen Wendlohstraße und Paul-Sorge-Straße steht dabei nicht etwa der Wohnungsbau im Vordergrund – außer in unmittelbarer räumlicher Nähe zur U-Bahn-Haltestelle Joachim-Mähl-Straße.

Vor allem geht es bei Niendorf-93 darum, dass eben nicht übermäßig nachverdichtet wird und es künftig eine ganz klare Grenze für die weitere Überbauung und Versiegelung einstmals grüner Grundstücke gibt. Kommunalpolitik und Verwaltung haben schließlich längst erkannt, dass eine fortwährende Innenverdichtung den Wohnungsmangel nicht sinnvoll lösen kann. Unter dem Strich soll durch den neuen Bebauungsplan nämlich auch verhindert werden, dass zu viel gebaut wird. Auch für so etwas ist ein neuer Bebauungsplan das richtige Mittel. Im Plangebiet Niendorf-93 werden künftig also weniger Wohneinheiten entstehen können, als es nach jetzigem Recht der Fall wäre. Das ist am Tibarg (Niendorf-92) hingegen ganz anders, denn dort sollen in etwa 100 neue Wohneinheiten entstehen. Und das macht sicherlich Sinn, so verkehrsgünstig der Tibarg mit der U-Bahnstation Niendorfer Marktplatz und dem großen Busbahnhof ist.
Erstaunlich ist in dieser Situation, dass sich die Verwaltung nach der so genannten „frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung“ für Niendorf-93 plötzlich vielen aufgebrachten Anwohnern gegenübersah. Schreiben über Schreiben gingen ein, einige auch gleich von Rechtsanwälten. Dabei handelt es sich um eine vorzeitige Beteiligung der Anwohner und die Pläne sind noch keinesfalls final. Vielmehr werden erst einmal alle Einwände und Anregungen gesammelt und dann gemeinsam mit den gewählten Volksvertretern bewertet und in die weitere Planung einbezogen. Niemand muss also derzeit befürchten, dass alles in Stein gemeißelt sei. Die Auswertung und Abwägung dürfte entsprechend dauern. Und erst danach wird ein B-Plan vorgelegt, über den man sich ernsthaft streiten könnte. Erneute Einwendungen sind auch dann noch sinnvoll und erwünscht.

Lutz Schmidt